zeitung kaffee.jpgDie von Japan Tobacco International (JTI) in Auftrag gegebene „Genussstudie 2004“, die zusammen mit verschiedenen Aufsätzen unter dem Titel „Genussbarometer Deutschland“ Ende letzten Jahres im Ch. Links Verlag erschienen ist, belegt: 89 Prozent aller Deutschen sind der Meinung, dass Genuss im Alltag eine wichtige Rolle spielen sollte. Und der Deutschen liebster „kleiner Genuss im Alltag“? Natürlich: eine Tasse Kaffee. Als Genießer jedoch empfindet sich der Deutsche gemeinhin ganz allein: 76 Prozent der Befragten schließen sich dem Klischee an, dass die Deutschen nicht in der Lage seien, ihren Alltag zu genießen. 71 Prozent jedoch behaupten, sich täglich Genüssen hinzugeben: Die piefigen Deutschen, das sind immer nur die anderen, diejenigen also, die vor lauter teutonischer Pflichterfüllung und Spießigkeit nicht über den Filteraufsatz ihrer Kaffeemaschine hinausblicken können und womöglich mit einer Pumpthermoskanne im Gepäck die Toskana bereisen.

Die Studie beweist einmal mehr, dass Genuss im heutigen Deutschland längst ein anerkannter Wert ist. In seiner Wertschätzung über die protestantisch-preußischen Bundesländer des Nordens herausragend sind erwartungsgemäß die südlich-katholischen Genussgemeinschaften Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern. Generell jedoch ist Genuss längst nicht nur Auf-, sondern zugleich Anforderung. Wer über kein Peugeot-Mahlwerk verfügt, um seine Pfefferkörner streufähig zu machen, trinkt womöglich auch Instantkaffee und frisst kleine Kinder. Genussterror entfaltet sich eben nicht nur in der Werbung, sondern auch im Kreise der lieben Freunde und Bekannten, denn je nach Statusorientiertheit gilt dort der Leitsatz: Man ist, was man isst – und das, was man sich zum Abschluss des Mahles „gönnt“. Einen kleinen Espresso, bitte schön.

Übrigens ist im Mutterland des „kleinen Schwarzen“ der Umsatz von Espresso in den berühmten Stehcafés seit 1990 um 20 Prozent zurückgegangen. Als Grund für diese Krise wurde die immer schlechter werdende Qualität der verwendeten Bohnen vermutet. Wie auch immer: Das in Italien verhängte Rauchverbot an öffentlichen Orten wird sich wohl nicht absatzfördernd auswirken, denn für viele Kaffeetrinker gehört zum Kaffeegenuss noch etwas dazu. Ein Stückchen Gebäck oder Kuchen, etwas Schokolade oder aber: eine gepflegte Zigarette.

Quelle: taz.de „Jenseits der Zittergrenze“

1 KOMMENTAR

  1. Sehr schöner Artikel über die Genussfähigkeit der Deutschen.

    Um ein gutes Beispiel zu sein, werde ich mir einen schönen kleinen heißen Schwarzen machen. Mich mit diesem und einem kleinen Glas kalten Wasser auf meinem Balkon begeben. Mich in meinem Liegstuhl lehnen und die warme Septembersonne beim Schluck-für-Schluck-Genuss genießen.

    Das wird ein Genuss. ;-)

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